Studierendenparlament fordert Straßenumbenennung
17. Oktober 2014
Das Studierendenparlament des KIT fordert in einem Beschluss die Umbenennung des Fritz-Haber-Weg zu Clara-Immerwahr-Weg.
„Am Sonntag, den 18. Mai 2014 fand der vom KIT durch das ZAK organisierte Vortrag »Giftgas und das Janusgesicht der Wissenschaft. Das Beispiel des Chemie-Nobelpreisträgers Fritz Haber im ersten Weltkrieg« von Prof. Dr. Wolfram H.-P. Thiemann statt. In diesem wurde sich kritisch mit den Machenschaften von Fritz Haber vor allem während des ersten Weltkrieges bei der Schlacht um Ypern auseinandergesetzt. Prof. Thiemann forderte während seines Vortrags, das »Fritz-Haber Institut« der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) in Berlin umzubenennen. In seinem Aufruf dazu schreibt er: »Mit seinen Forschungsarbeiten und seinen politischen Ambitionen hat Haber eines der schrecklichsten Kapitel der Kriegsführung, die Entwicklung und Anwendung chemischer Waffen als erstes Massenvernichtungsmittel, eingeläutet« und weiter, »Es wird Zeit, dass wir als verantwortliche Wissenschaftler auch der dunklen Seite des Nobelpreisträgers Fritz Haber Rechnung zollen: Das Chemiewaffenübereinkommen von 1997 und der Verhaltenskodex der Gesellschaft Deutscher Chemiker machen den Namen „Fritz-Haber-Institut“ [1] nicht mehr länger vertretbar. Die Umbenennung des Instituts wäre eine mutige Konsequenz.«
Nachdem das KIT selbst die kritische Rolle Fritz Habers erkannt hat, wäre es nur konsequent, dass das KIT fordert, den Fritz-Haber-Weg auf dem Campus Süd umzubenennen. Neben seinen Machenschaften während des ersten Weltkrieges, kommt bei Fritz Haber auch die menschliche Komponente hinzu. Obwohl sich seine Frau Clara Immerwahr am 02. Mai 1915, nach dem ersten erfolgreichen Giftgaseinsatz Fritz Habers, mit seiner Dienstwaffe das Leben nahm, reiste er dessen ungeachtet noch am selben Tag wieder an die Front um erneute Giftgaseinsätze zu überwachen. Damit lies er auch seinen dreizehnjährigen Sohn, der seine im sterben liegende Mutter gefunden hatte, alleine zurück.
Benennungen von Straßen bedeuten eine große Ehre und Würdigung für die namensgebende Person und sollten somit mit Bedacht ausgewählt werden. Daher sind nicht nur einzelne wissenschaftliche Leistungen zu beurteilen, sondern die Person in ihrer Gesamtheit. Im Falle Fritz Habers müssen wir als verantwortliche Akademiker*innen, vor allem wegen seiner Rolle im ersten Weltkrieg, zu dem Schluss kommen, das ihm keine Würdigung zusteht. Somit ist die Straße umzubenennen.
Clara Immerwahr war eine der ersten Frauen mit Doktortitel in Deutschland. Sie promovierte 1900 als erste Frau an der Universität Breslau in physikalischer Chemie. Damit spielte sie eine wichtige Rolle im Kampf, Frauen den Weg für ein Studium zu öffnen. Da ihr selber eine akademische Karriere durch die Machtstrukturen an den Hochschulen verwehrt wurde, setzte sie sich stark für die Gleichberechtigung der Frauen ein. Auch wenn ihre Mitarbeit totgeschwiegen wurde, hatte sie maßgeblich bei der Entwicklung des Haber-Bosch-Verfahrens an der Universität Karlsruhe mitgewirkt. Sie setzte sich für eine humanitäre Wissenschaft ein und und prangerte die Forschungen Habers zur Entwicklung und Verbesserung von Giftgasen und deren Verwendung an der Front als »eine Perversion der Wissenschaft« an und versucht ihren Mann, leider erfolglos, davon abzubringen. Das Magazin Spektrum der Wissenschaft (1/1995) schreibt über sie: »“Immerwahr“ war nicht nur der Mädchenname von Clara Haber (1870 bis 1915), sondern auch eine zutreffende Charakterisierung ihrer Person.«
Von daher sollten die Leistungen von Clara Immerwahr und ihr moralisches Vorbild entsprechend durch die Umbenennung des Fritz-Haber-Wegs in den Clara-Immerwahr-Weg gewürdigt werden.“
Die Forderung online unterstützen:
In den vergangenen Jahren fand zum Antikriegstag (1. September) schon mehrfach eine symbolische Straßenumbenennung statt.