OdF-Gedenktag 2012

Etwa 70 AntifaschistInnen und FriedensfreundInnen folgten dem Aufruf der VVN-BdA zur traditionellen Gedenkveranstaltung am Totensonntag auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. Erfreulich neben der Breite der Beteiligten war es auch, zahlreiche junge Gesichter zu sehen.

 

Die Anwesenden zogen vom Haupteingang zum Gräberfeld mit Mahnmal für die Opfer der Euthanasie, wo ein Trompetensolo von VVN-BdA Kamerad Helmut mit einem Stück von M. Theodorakis die Herannahenden empfing. Ruth Birkle begrüßte für den neuen Kreisvorstand der VVN-BdA. Anstelle des kurzfristig erkrankten Redners und Bundesvorsitzenden Heiner Fink hielt Jürgen Schuhladen-Krämer die Ansprache. Er ging zu Beginn auf den Ort der traditionellen Gedenkfeier ein, von dem auch wegen fehlenden Hinweises viele Teilnehmenden nicht wussten, dass es die Ehrenanlage für Opfer der „Euthanasie“ ist, dass es auf dem Hauptfriedhof zwar Ehrenfelder für Luftkriegsopfer und auch Vertriebene gibt, jedoch keines, das für die Opfer des Faschismus und den Widerstand steht. Eine Initiative in den 1950er Jahren für ein solches mitten in der Stadt war von Konservativen und Reaktionären verbogen worden durch versuchtes Einbeziehen von Luftkriegstoten, Vertriebenen, Soldaten und damit auch SS. Gegen die Vermischung von Opfern und Tätern gab es jedoch Widerspruch, es kam nicht zum Denkmal. So existiert in Karlsruhe im Gegensatz zu Stuttgart bis heute kein antifaschistisches Mahnmal.

 

Er ging auch ein auf zahlreiche bevorstehende 80. Jahrestage 2013 und den Versuch, Geschichte umzuschreiben durch das Narrativ vom Weg zweier Diktaturen auf deutschem Boden, das die ideologische Totalitarismustheorie aufgreift. Wichtig aber sei zu erkennen, wie die herrschenden Eliten in Wirtschafts- und Bildungsbürgertum zusammen mit Militär und Adel aus teils unterschiedlichen und teils identischen Interessen und Zielen die Machtübergabe an den Nationalsozialismus organisierten. Dessen Zerschlagung jeder demokratischen Opposition binnen weniger als 5 Monaten war auch nur so möglich. Freilich hatte sich der Faschismus mit völkischer und antisemitischer Hetze und vorgeblich antikapitalistischer Demagogie aber auch eine Massenbasis zu schaffen vermocht.

 

Auch heuer war der NSU-Terror Thema, die mittlerweile zutage getretenen „Fehler und Pannen“ müssten jedoch als systematisches Problem des Inlandsgeheimdienstes erkannt werden. Schuhladen-Krämer wies darauf hin, dass es bereits bei der Pogrom- und Terrorwelle auf MigrantInnen und Flüchtlinge in den 1990er Jahren eine Verquickung von V-Leuten, „Verfassungsschutz“ und Neonazis gegeben habe. Es sei ein Skandal, dass zwei beim Ku-Klux-Clan beteiligte Polizisten in Baden-Württemberg noch im Dienst seien, zumal es eine Verbindung des einen mit dem Polizistinnen-Mord von Heilbronn gebe. Aufgezeigt wurden auch Anknüpfungspunkte von Neonazismus und Rechtspopulismus und wie sich die „Politik der Mitte“ anschlussfähig zu letzterer erweist.

 

War damit ausgesagt, dass der Teil des Schwurs von Buchenwald zur Vernichtung des Nazismus immer noch antifaschistische Aktivität erfordert, so gilt dies auch für den zweiten Teil des Schwurs für eine Welt des Friedens und der Freiheit.

 

Im Anschluss legten in Erinnerung an die Opfer des Faschismus und den Widerstand Parteien, Gewerkschaften und Organisationen Kränze und Gebinde nieder, Bündnis 90/Die Grünen, Deutsche Kommunistische Partei, Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner, DGB, Die Linke, Ettlinger Bündnis gegen Rassismus und Neonazis, Friedensinitiative Bruchsal und Pax Christi, Interventionistische Linke, SPD, Stadtjugendausschuss, USTA, ver.di und die VVN-BdA.

 

Der zweite Teil der Gedenkveranstaltung fand auf dem Gräberfeld für sowjetische und polnische Zwangsarbeiter, auf dem jüdischen Friedhof gelegen statt. Wolfram Treiber (Aktionskreis Internationalismus) sprach am Denkmal, auf dem in kyrillisch und deutscher Übersetzung steht, „Die Faschisten mögen wissen, dass kein einziger Akt ihrer Gräueltaten unbestraft bleiben wird“. Er verglich historische Zwangsarbeit und aktuelle Zwangsarbeitsbeziehungen, ohne gleichzusetzen. Dies auch angesichts der gerade geschehenen Brandkatastrophe bei Dhaka. Er wandte sich u. a. auch entschieden gegen die Einschränkung von Freiheitsrechten, konkret auch anhand der geschehenen Einkesselung von AntifaschistInnen bei Naziaufmärschen.

 

Für die musikalische Umrahmung sorgte auch dieses Jahr wieder die Liedermacherin Marianne Hangstörfer.

 

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