Am 19. Februar 2020 betrat ein Rechtsradikaler eine Shishabar in Hanau und begann gezielt insgesamt 9 migrantisch anmutende Menschen zu ermorden. Diese Tat entstand nicht im luftleeren Raum, sondern ist die Konsequenz zunehmender rassistischer Hetze, die von Teilen der Gesellschaft geduldet und sogar befürwortet wird.
Von Überlebenden, Angehörigen und weiteren Unterstützer:innen wurde die Initiative 19. Februar ins Leben gerufen, um an die neun Ermordeten zu erinnern und politische Konsequenzen für den rechten Terroranschlag zu fordern.
Wir unterstützen den Aufruf der Initiative und rufen alle dazu auf am 19. Februar um 14:00 Uhr in Karlsruhe auf den Marktplatz zur Demonstration zu kommen! Für angemessene Erinnerung, soziale Gerechtigkeit, lückenlose Aufklärung und politische Konsequenzen.
Wir sprechen über das unverzeihliche Fehlverhalten der Sicherheitskräfte in der Tatnacht, über die Unwilligkeit und Schludrigkeit von Staatsanwaltschaft und Polizei bei den Ermittlungen, bei der Verfolgung von Spuren, bei dem Ernstnehmen neuer Bedrohungslagen, bei unserem Schutz. Wir sprechen über die wiederkehrenden Respektlosigkeiten und herabwürdigenden Gesten von Beamt:innen gegenüber Angehörigen und Überlebenden und selbst gegenüber den Toten. Wir sprechen über den Normalzustand von institutionellem Rassismus.
Die Namen der Opfer unvergessen machen. Ihre Namen sollen erinnern und mahnen, den rassistischen Normalzustand im Alltag, in den Behörden, den Sicherheitsapparaten und überall zu beenden. Der rassistische Anschlag war auch ein Ergebnis der rechten Hetze von Politiker:innen, Parteien und Medien. Behörden und Sicherheitsapparate haben ihn durch ihre strukturelle Inkompetenz und Ignoranz weder verhindert noch aufgeklärt. Das ist das Zusammenspiel, das in den Handlungen Einzelner ihre mörderische Zuspitzung und Folge findet und damit sind rechte Terrorakte niemals Einzeltaten.
Schluss damit! Damit wir keine Angst mehr haben müssen, muss es politische Konsequenzen geben. Rassismus, egal in welcher Form, darf nicht mehr geduldet, verharmlost oder ignoriert werden. Wir geben keine Ruhe!
Kundgebung zum Jahrestag der Machtübertragung an den Hitlerfaschismus. So., 30.01.2022, 15 Uhr, Marktplatz.
Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler. Dies war der Beginn der faschistischen Diktatur in Deutschland, die über 60 Millionen Menschen in Europa den Tod brachte.
Hitler war kein „Betriebsunfall“ und der 30. Januar 1933 kam auch nicht „schicksalhaft“ über Deutschland. Den Faschisten wurde die Macht ganz bewusst übertragen. Hintergrund war ein sich abzeichnender Einflussverlust der NSDAP. Bei den Reichstagswahlen vom 6.11.1932 hatte die NSDAP über 2 Millionen Stimmen bzw. 4,3% und damit 34 Reichstagsabgeordnete verloren. Dagegen konnten KPD und SPD an Stimmen dazugewinnen und hatten 1932 gemeinsam 4,2% und damit 25 Reichstagsabgeordnete mehr als die NSDAP.
Verschiedene Einflussgruppen setzten sich für die Übertragung der Macht an die NSDAP und Hitler ein. Das deutsche Groß- und Finanzkapital sehnte sich nach staatsinterventionistischen Maßnahmen im Zuge der Wirtschaftskrise und forderte die Zerschlagung der Gewerkschafts- und Arbeiterbewegung. Daneben hatten führende Kreise des Militärs schon Mitte der 1920er Jahre eine Strategieplanung begonnen, die von den Möglichkeiten einer aggressiven Außenpolitik zur Revision der Gebietsverluste durch den 1. Weltkrieg ausging. Das Programm der NSDAP kam diesen Planungen vollumfänglich nach. Hitler bedeutet Krieg!
Als 1996 der 27. Januar als nationalen Gedenktag geschaffen wurde, forderte die VVN-BdA die Ernsthaftigkeit dieses neuen Gedenktages unter Beweis zu stellen: „Wer des 27. Januar 1945 gedenkt, muss auch den 30. Januar 1933 mitdenken. Ursachen und Herkunft des Faschismus sind notwendige Bestandteile jeder Erinnerungsarbeit. … Das Gedenken an die Opfer muss verbunden sein mit der Erinnerung daran, wer die Täter waren. Das heißt: Benennung der Schuldigen und der Nutznießer an der Errichtung der nazistischen Herrschaft in Deutschland und an der Entfesselung des Krieges.“
Die Erinnerung an den 30. Januar 1933 wirft zudem Fragen auf nach der Umsetzung der Demokratie in unserem Land heute und dem gesellschaftlichen Widerstand gegen Rechtsentwicklungen und rassistische Tendenzen sowie den politischen Kräfte, die heutige Formen faschistischer Krisenbewältigung und Herrschaft propagieren. In diesem Sinne versteht die VVN-BdA die geschichtspolitische Auseinandersetzung mit dem 30. Januar 1933 als tagespolitische Aufgabe.
Redebeitrag der VVN-BdA auf der Kundgebung am Schlossplatz:
Peter Gingold beschrieb den Tag der Befreiung mit folgenden Worten: „Das Morgenrot der Menschheit der 8. Mai 1945. Die menschliche Zivilisation von der Nazibarbarei gerettet! Uns ging die Sonne auf.“ Es war der Tag, an dem die Deutsche Wehrmacht bedingungslos kapitulierte, an dem der Krieg und die systematische Vernichtungspolitik der Nazis endeten.
„Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ waren die historischen Lehren aus der Nazi-Barbarei. Und doch musste Bertold Brecht bereits 1952 wieder mahnen: „Lasst uns die Warnungen erneuern, und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind! Denn der Menschheit drohen Kriege, gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind, und sie werden kommen ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Hände zerschlagen werden.“
Diese Warnung Bertolt Brechts ist heute wieder aktuell wie lange nicht. Heute ist Deutschland wieder zentrale Drehscheibe der offenen Kriegsvorbereitung gegen Russland. Da werden deutsche Straßen und Brücken mit EU-Geldern panzertauglich gemacht. Da reserviert die Deutsche Bahn 12% des europaweit verfügbaren Bestandes an Flachwagen für den Material- und Truppentransport der Bundeswehr. Da wird in Ulm ein neues Logistikzentrum der NATO errichtet und in Büchel die US-Atombomben erneuert. Da werden Euro-Fighter und F-18-Kampfjets angeschafft -, natürlich bestückbar mit den in Büchel gelagerten Atomwaffen. Gerade erst am 14. April bewilligte der Verteidigungs- und Haushaltsausschuss die Gelder für die neue Euro-Drohne. Parallel dazu übermittelte das Verteidigungsministerium 51 sog. 25-Millionen-Vorlagen, die noch vor der Bundestagswahl verabschiedet werden sollen. Darunter auch Projekte zur Realisierung des Future Combat Air Systems (FCAS), des größten europäischen Rüstungsprojekts der Nachkriegsgeschichte. Das alles reiht sich ein in die aggressive Einkreisungspolitik der NATO gegenüber Russland, flankiert von offener Geschichtsfälschung, wenn etwa in dem Beschluss des Europäischen Parlaments vom 19. September 2019 der UdSSR vorgeworfen wird gemeinsam mit Nazi-Deutschland den 2. Weltkrieg geplant und entfesselt zu haben. Nachdem im vergangenen Jahr mit dem US-Manöver „Defender Europe 2020“ trotz Pandemie Truppen- und Materialtransporte in großem Maßstab aus USA und Westeuropa über deutsches Territorium in Richtung russischer Westgrenze geprobt wurden, startete nun das Nachfolgemanöver „Defender 21“, bei dem Deutschland erneut zum Aufmarschgebiet gegen Russland wird. Geübt wird die Truppenverlegung von 28.000 Soldaten aus 16 Ländern.
Und nicht erst seit Pandemiebeginn ist eine verstärkte Militarisierung ziviler Bereiche zu beobachten -, Bundeswehrpropagandisten an Schulen und Hochschulen sind mittlerweile Alltag, neuerdings auch Bundeswehrsoldaten in Uniform in den Gesundheitsämtern und Impfzentren. Die Bundeswehr poliert ihr Image auf und präsentiert sich in der Pandemie als Helfer in der Not. Stattdessen aber sollten wir uns fragen, warum Krankenhäuser, Pflegeheime und Gesundheitsämter nicht genügend Personal und Schutzausrüstung haben, um die Pandemie mit zivilen Mitteln effektiv bekämpfen zu können. 3,2 Mrd. Euro sog. Corona-Hilfsgelder sind direkt in Rüstungsprojekte geflossen! Anstatt die Pandemie zu bekämpfen wurden Patronen und LKW für die Bundeswehr angeschafft. Zusätzliche 500 Mio. Euro Corona-Hilfsgelder sind in den Ausbau eines neuen Cyberzentrums der Bundeswehr geflossen. Die Militarisierung des Zivilen soll nach dem Willen der Bundeswehr weiter voranschreiten. Die Bundeswehr bietet jetzt einen freiwilligen Wehrdienst für Rekruten im sog. „Heimatschutz“ an. Der „Heimatschutz“ ist die Abteilung der Bundeswehr, die im Landesinnern agiert und u.a. für Aufstandsbekämpfung und Notstand zuständig ist. An den Anblick von Uniformen in der Öffentlichkeit und in zivilen Einrichtungen dürfen wir uns nicht gewöhnen! Auch das ist eine Form der Kriegsvorbereitung!
Rechtsentwicklung und Militarisierung prägen das Bild unserer Zeit. Diesem Trend muss entgegengewirkt werden! Für eine „Welt des Friedens und der Freiheit“, wie es im Schwur von Buchenwald heißt. Damals in den KZs und Zuchthäusern ist der antifaschistische Konsens gewachsen, den es heute endlich umzusetzen gilt: Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“