Bruchsal braucht keine Rechtsextremisten und keinen Fremdenhass

19. März 2016

Wir dokumentieren den Redebeitrag der VVN-BdA Kreisvereinigung Karlsruhe bei der Kundgebung gegen den Naziaufmarsch am 19. März in Bruchsal, gehalten an der Viktoriaanlage.

Liebe Freundinnen und Freunde,

Wahlergebnisse bilden immer auch den Bewusstseinsstand der Wähler ab. Das Bewusstsein wiederum hat seine Basis in den sozialen Verhältnissen in denen es gründet. Die massiven Zugewinne einer asozialen und rassistischen Partei wie der AfD, die mindestens faschistische Tendenzen hat, haben auch objektive Gründe:

  • Die Armut in Deutschland nimmt (tatsächlich) zu!
  • Der Kampf auf dem Arbeitsmarkt wird (tatsächlich) härter!
  • Bezahlbarer Wohnraum wird (tatsächlich) knapper!

Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

All das sind reale Probleme, die nicht geleugnet werden können. Und dass diese realen Probleme ganz wesentlich Resultat der Politik der sog. „etablierten“ Parteien sind, ist auch ein Grund für die Wahlerfolge der AfD.

So wichtig es auch ist, an das Bewusstsein der Menschen zu appellieren, eine „Willkommenskultur“ zu beschwören, so wenig löst dies die sozialen Probleme.

Manchmal hilft es, in der Geschichte einen Schritt zurück zu gehen um die Gegenwart besser zu begreifen. Die Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald schworen nach ihrer Befreiung 1945 auf dem Appellplatz öffentlich [1]:

Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.

Was heißt das? „Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln“?

Kurt Schuhmacher von der SPD und Häftling des KZ Dachau schrieb damals: „Die Entprivatisierung der Produktionsmittel des Großbesitzes und ihre Überführung in das Eigentum der Allgemeinheit ist nicht nur ein wirtschaftliches Problem, sondern eine entscheidende politische Frage.“ [2] Der Parteitag der SPD 1946 in Hannover beschloss auf dieser Grundlage die Enteignung des Großbesitzes und die Vergesellschaftung der großen Produktionsmittel.

Im Gründungsprogramm der CDU von 1947 lesen wir: „Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. … Inhalt und Ziel [der] sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben … sein.“ In einem Flugblatt von 1946 propagierte die CDU gar: „Das bürgerlich-kapitalistische Zeitalter ist vorbei… Für einen Sozialismus aus christlicher Verantwortung.“ [3]

Wir sehen also, nach dem Krieg war selbst SPD und CDU eines klar: Wer die Faschisierung der Gesellschaft verhindern will, muss die Demokratisierung der Gesellschaft vorantreiben. Dazu gehört eben auch die demokratische Kontrolle über Eigentum und die wichtigsten Produktionsmittel.

Wir wissen heute, dass in der BRD die Chance zum Aufbau einer Welt des Friedens und der Freiheit nicht ergriffen wurde, dass die Verantwortlichen in SPD und CDU ihre richtigen Lehren aus dem Faschismus dem Kalten Krieg und dem Antikommunismus geopfert haben. Kurzum: Dass der Nazismus NICHT „mit seinen Wurzeln“ vernichtet wurde.

Die Früchte dieser Saat können wir heute ernten!

  • Faschisten marschieren (ganz legal!) auf den Straßen.
  • Flüchtlingsheime und Moscheen brennen.
  • Schlägertrupps schüchtern– u. a. in Karlsruhe! – Wahlhelfer der Linkspartei ein, während diese Wahlplakate aufhängen wollen.
  • AntifaschistInnen werden am Telefon oder per E-Mail bedroht und beleidigt.
  • Die AfD erhält zweistellige Ergebnisse bei den Landtagswahlen.

Auch diese Liste ließe sich fortsetzen.

Wenn die Geschichte eines lehrt, dann:

  • Man kann nicht Antikommunist und Antifaschist zugleich sein!
  • Links ist nicht gleich rechts!
  • Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

 

Quellen:

[1] Faksimile des Schwurs von Buchenwald ist hier enthalten.

[2] In: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Band 6, S. 367.

[3] Zitiert nach: Robert Steigerwald, So steht es nicht im Geschichtsbuch, S. 57.