Ein antifaschistischer Konsens für eine Welt des Friedens, der Freiheit und der Völkerverständigung
1. September 2020
Rede der VVN-BdA Karlsruhe bei der Kundgebung von DGB und Friedensbündnis zum 1. September/Antikriegstag
Haben Sie sich eigentlich schon einmal gefragt, warum die Bahn immer häufiger Verspätung hat? Mit Sicherheit! Und da gibt es viele Gründe… Aber im Januar diesen Jahres kam ein neuer hinzu. Da schloss die Deutsche Bahn mit der Bundeswehr einen Vertrag über die Bereitstellung von 300 Waggons und Lokomotiven zusätzlich zu den bereits von ihr gesicherten 280 Flachwagen ab. Damit sind 12% des europaweit verfügbaren Bestandes an Flachwagen für die Bundeswehr reserviert. Alleine 2020 könnten demzufolge mehr als 1.300 Transporte Richtung russischer Grenze erfolgen. Um diese Aufgaben bewältigen zu können, wurde die „Vorfahrtsregel“ umgekehrt. Hatte bisher ziviler Personenverkehr Vorrang, haben jetzt Militärtransporte Priorität. Nicht Militärtransporte werden auf ein Ausweichgleis gelenkt, bis der fahrplanmäßige Personenzug durch ist, sondern umgekehrt: die zivilen Fahrgäste müssen künftig warten, bis die Panzer gen Osten gerollt sind.
Dies ist nur eines von vielen langfristigen Infrastrukturprojekten, die der Vorbereitung eines Krieges gegen Russland dienen. Die EU hat bereits vor zwei Jahren ein 6,5-Milliarden-Euro-Programm beschlossen um Brücken in Deutschland panzertauglich zu machen. Um den Truppen- und Materialtransport nach Osten zu organisieren wurde in Ulm ein neues Logistikzentrum der NATO errichtet.
Diese Entwicklung ist eingebettet in die gefährliche Einkreisungspolitik der NATO-Staaten gegen Russland. Zwischen Baltikum und Schwarzem Meer gibt es nur noch ein einziges Land, das von der NATO noch nicht zum militärischen Aufmarschgebiet verwandelt wurde: Weißrussland. Die aktuelle Situation in Weißrussland ist sicherlich kein spontaner Protest für „Freiheit und Demokratie“, sondern ein von langer Hand geplanter und organisierter Regime-Change. Dazu wird auch das Bündnis mit Faschisten gesucht. Das Szenario kennen wir bereits aus der Ukraine.
Übrigens wird nicht nur gegen Russland der Krieg vorbereitet, sondern auch gegen China. Das Militärmanöver „Defender Europe 2020“ hat einen asiatischen Konterpart: „Defender Pacific 2020“. Dieser ist Bestandteil der bereits von „Friedensnobelpreisträger“ Barack Obama eingeleiteten militärischen Verlagerung von US-Streitkräfte in die Pazifikregion. Die militärische Option wird dabei durch einen breit angelegten Wirtschaftskrieg der USA gegen China flankiert. Hier ist die Bundesregierung ausnahmsweise mal nicht unmittelbar beteiligt -, ihre strategischen Interessen liegen primär in Osteuropa; außerdem ist die deutsche Exportwirtschaft auf den chinesischen Markt angewiesen. Aber ein bisschen möchte sie dann doch mitmischen: So sollen vier neue Mehrzweckkampfschiffe des Typs MKS 180 für 5,27 Milliarden Euro angeschafft werden. Geplanter Einsatzort der Schiffe ist das Südchinesische Meer. Auch an der hybriden Kriegsführung gegen China ist die Bundesregierung beteiligt. In München sitzt seit Jahren die selbsternannte „Exilregierung“ der Uiguren und wartet nur darauf, endlich in Xinjiang eingesetzt zu werden.
Die Situation ist brandgefährlich. Die NATO steuert die Welt auf einen großen Krieg zu -, wenn ihr nicht in den Arm gefallen wird!
Was ist die historische Alternative? Nach der Befreiung von Faschismus und Krieg 1945 beteiligten sich überall in Deutschland zahlreiche Menschen am demokratischen Neubeginn. Zugrunde lag der antifaschistische Konsens: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ Wir müssen uns diese historischen Wurzeln in Erinnerung rufen und Schlussfolgerungen für die Zukunft ziehen. Die Menschen in Deutschland wollen in ihrer großen Mehrheit keinen Krieg! Schon gar keinen Atomkrieg! Dies zu ändern, daran arbeitet eine gewaltige militaristische Propagandamaschinerie. Dem müssen wir entgegenwirken, denn angesichts der Kriegsgefahr wird es unausweichlich, den Konsens aus 1945 mit aller Konsequenz endlich umzusetzen. Das ist keine Utopie, denn wir haben heute die Erfahrungen aus der Geschichte. Ein antifaschistischer Konsens für eine Welt des Friedens, der Freiheit und der Völkerverständigung – wie es im Schwur von Buchenwald gefordert wird – ist nicht nur möglich, er ist machbar und notwendig!