OdF-Gedenktag 2022
Trotz Regenwetters folgten am Datum des Totensonntags (20.11.2022) gut siebzig Teilnehmende dem Aufruf der VVN-BdA Kreisorganisation zum traditionellen Gedenktag für die Opfer des Faschismus (OdF-Tag) und kamen am Karlsruher Hauptfriedhof zusammen. Dieses Gedenken hat eine lange Tradition und findet seit 1946 jährlich statt. Zunächst am zweiten Sonntag im September. In den 80er Jahren wurde die Gedenkveranstaltung auf das Datum des Totensonntags verlegt und findet seither am Hauptfriedhof zweigeteilt statt, am Mahnmal für die Opfer der Euthanasie und am Ehrengräberfeld für die sowjetischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter.
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Am Mahnmal für die Opfer der Euthanasie sprach Michael Auen, erster Vorsitzender des Lebenshilfe e.V. Karlsruhe, Ettlingen und Umgebung. Er zitierte aus den bewegenden Aufzeichnungen einer über 90 Jahre alten Teilnehmerin einer Gedenkfahrt zur ehemaligen Tötungsanstalt Grafeneck bei Reutlingen. Darin kam auch die Empörung zum Ausdruck, dass viele Missstände in Bezug auf Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung auch heutzutage noch nicht beseitigt sind. Bis heute werden Menschen mit Behinderung als „Kostenfaktor“ wahrgenommen. In einer Welt, die auf ökonomische Effizienz ausgerichtet ist, finden Menschen mit Behinderung nur schwer einen Platz. „Es gibt viele Möglichkeiten, Menschen aus der Gesellschaft auszuschließen.“ Der Grundsatz bei der Gründung des Lebenshilfe e.V. lautete: „Nie wieder!“ In diesem Sinne setzt sich der Verein für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung ein. „Teilhabe als Gemeinschaft aller“ heißt, dass Menschen mit Behinderung selbstverständlich und ohne Hürden am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Der Lebenshilfe e.V. klagte daher auch gegen die jüngsten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes. Denn diese sehen eine Sonderbehandlung von Menschen mit Behinderung vor -, mit anderen Worten: eine Diskriminierung. Die Klage wurde abgewiesen.
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Am Ehrengräberfeld für die sowjetischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter sprach Ver.di-Gewerkschaftssekretär Michael Janus. Er warnte vor einer Politisierung des Gedenkens an die Opfer des Faschismus vor dem Hintergrund aktueller geopolitischer Konflikte. „Es wird stellvertretend gehasst.“ Damit ist gemeint, dass der heutzutage geschürte Hass auf Russland auf die sowjetischen Opfer des antibolschewistischen Vernichtungskriegs übertragen wird. Die Opfer der Sowjetunion werden so zu Tätern uminterpretiert. Im Deutschen Reich wurden 25 Millionen sowjetische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ausgebeutet. Zum Ende des Krieges machten diese 1/3 des Arbeitskräftepotentials der deutschen Kriegsindustrie aus. Ohne Zwangsarbeit hätte die deutsche Kriegsindustrie nicht so lange durchgehalten. Die von Olaf Scholz ausgerufene „Zeitenwende“ bedeutet Aufrüstung in einem Ausmaß, wie es dies seit 1945 nicht gegeben hat. Dadurch wird die „menschliche Zivilisation in ihrer Existenz bedroht“. Antifaschismus bedeutet demgegenüber eine „Kultur des Friedens“.
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An der Kranzniederlegung beteiligte sich auch in diesem Jahr wieder eine große Bandbreite an demokratischen Organisationen. Vierzehn Organisationen (Gewerkschaften, Parteien, Vereine, Initiativen) legten am Mahnmal für die Opfer der Euthanasie, stellvertretend für alle Opfer des Faschismus, Blumen nieder. Musikalisch umrahmt wurde das Gedenken durch den Chor der Naturfreunde. Sie sangen die Lieder „Traum vom Frieden“, „Frei, frei, frei“, „Andre die das Land“ und „Edelweißpiraten“.
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Organisationen, die Blumen niederlegten (alphabetisch):
Bündnis 90/Die Grünen
DFG-VK
DGB + Ver.di
DKP
Ettlinger Bündnis gegen Rassismus und Neonazis
GEW
IG Metall
Interventionistische Linke
Lebenshilfe Karlsruhe, Ettlingen und Umgebung e.V.
Naturfreunde Ortsgruppe Karlsruhe
OAT
Rote Hilfe
Stadtjugendausschuss e.V.
SJD Die Falken