Wasserthal, Walter
Geboren am 26.1.1909 in Hamburg, gestorben am 20.2.1967 in Karlsruhe
Walter Wasserthal besuchte in seiner Geburtsstadt Hamburg die Volksschule, erlernte danach den Beruf eines Maschinenbauers und arbeitete auf den Werften der Hamburger Schiffsindustrie. In der Wirtschaftskrise 1932 verlor er seine Arbeitsstelle und verdingte sich 1933 als Trimmer auf Schiffen der Hamburg-Amerika-Linie der HAPAG-Reederei. 1932 war er der KPD beigetreten, ebenso der Roten Hilfe, und beteiligte sich nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten am Widerstand der Partei. Am 11. November 1933 wurde er aus dem Wahllokal anlässlich der „Volksabstimmung“ zum Völkerbundaustritt Nazi-Deutschlands, in der die KPD aus dem Untergrund gegen die revanchistische Politik der NSDAP und ihrer verbündeten bürgerlichen Kreise agitiert hatte, verhaftet. In der folgenden Hausdurchsuchung wurden bei ihm 46 Exemplare der KPD-Zeitung „Organ der Wasserkante, erscheint trotz Terror, Zuchthaus und Todesstrafe, Nr. 51“ gefunden. Bei den Vernehmungen wurde er von SA-Leuten, die als Hilfspolizisten im Hamburger Stadthaus tätig waren, mit Karabinerhaken geschlagen. Abstreiten und Vertuschung seiner Tätigkeit wurden ihm vor Gericht nicht abgenommen, das festhielt, er sei „nicht ein unbesonnener und verführter Mitläufer, sondern vielmehr ein wohlüberlegter und zielbewusster Kämpfer der KPD.“ Das Hanseatische Oberlandesgericht verurteilte ihn am 1.1.1934 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu zwei Jahren Zuchthaus. Die musste Wasserthal im Zuchthaus Fuhlsbüttel antreten. Nach Beendigung der regulären Haftzeit blieb er in „Schutzhaft“ im KOLAFU, das war die KZ-Abteilung in Fuhlsbüttel. Dort erlebte er schwere Misshandlungen, wurde im Keller mit Ketten an die nicht funktionierende Heizung gefesselt und mit Stuhlbeinen geschlagen. In dieser Lage beging er einen fehlgeschlagenen Suizidversuch mit versuchter Stranguation. Schließlich wurde er in das KZ Sachsenhausen überstellt. Während der Haft beantragte seine Ehefrau die Scheidung der 1932 geschlossenen Ehe. Am 20.3.1936 endlich entlassen, war Wasserthal arbeitslos und ohne öffentliche Unterstützung. Es war die illegale Rote Hilfe, die ihn mit dem Notwendigsten unterstütze. Anfang 1937 konnte er sich mit Hilfsarbeiten durchschlagen, blieb nach einem Arbeitsunfall dauerhaft gehbehindert. Vermutlich war dies der Grund, dass er später nicht zu einem Strafbatallion wie dem „Bewährungsbatallion 999“ zwangseingezogen wurde. 1938, er blieb dabei immer unter Gestapoaufsicht, zog er von Hamburg nach Karlsruhe. Hier ging er am 25.6.1938 eine neue Ehe mit einer in Hamburg geborenen, inzwischen aber in Karlsruhe geborenen Frau ein. Er hatte Arbeit als Kältetechniker an der Technischen Hochschule gefunden. Nach der Befreiung 1945 wurde er hauptamtlicher Parteisekretär der KPD. Es scheint, dass er diese Stellung, die jedoch nie den Unterhalt für die inzwischen angewachsene Familie gesichert hatte, bis zum KPD-Verbot 1956 innehatte. 1957 versuchte er sich in der Selbständigkeit mit Kältetechnik und Kühlschränken. Zu seinen körperlichen Gesundheitsproblemen traten auch schwer quälende psychische Probleme wie innere Unruhe, psychotische Symptome. Diese führte er in einem Verfahren vor dem Landesamt für Wiedergutmachung auf die während der Haft erlittenen Quälereien zurück. Dies wurde vom Amt zurück gewiesen. Trotzdem betätigte sich Walter Wasserthal intensiv an der VVN-Arbeit in Karlsruhe. Nachdem sich seit den 1950er Jahren die örtlichen Aktiven der ersten Stunde zurück gezogen hatten oder verstorben waren wie Otto Hafner, Eugen Heydt, Heinold Hirsch, Gustav Hiss, Gustav Scheib, Berthold Riedinger u.a., versuchte Walter Wasserthal diese Lücken zu füllen und trat neben Hellmut Stutz dem erstem Vorsitzenden als Kreisvorstandsmitglied immer wieder als öffentlicher Repräsentant der Karlsruher VVN-Kreisorganisation hervor. Wasserthal setzte sich maßgeblich für die Reorganisation der VVN ein, da nach Riedingers Tod 1964 eine Lücke in der Kontinuität seit Beginn eingetreten war und mit dem Verlust von Unterlagen eine „Erinnerungslücke“ aufgetreten war. So plante er dazu für 1965 eine 20-Jahrfeier der VVN, die der Landesvorstand dann aber doch auf 1967 gelegt wissen wollte. Als 15 Jahre nach der Pogromnacht 1938 am 11. November 1963 die Erinnerungsstätte vor der ehemaligen Synagoge in der Kronenstraße mit einer bronzenen Reliefdarstellung eingeweiht wurde, war es Walther Wasserthal, der für die VVN öffentlich den Kranz niederlegte. Bei dieser Feierstunde war ihm vom Stadtdirektor August Furrer junior „dringendst“ untersagt worden, einige Worte zu sprechen, „sonst werde er sofort das Mikrofon abschalten und anderweitig vorgehen.“ Darüber berichtete damals nur die „Badische Volkszeitung“ am 12.11.1963. Dies war eine Wirkung des noch von Konrad Adenauer seit 1957 gegen die VVN angestrengten Verbotsverfahren, das jedoch 1962 infolge der NS-Vergangenheit des Vorsitzenden Richters gescheitert war. Noch unmittelbar vor seinem Tod, hielt er eine beachtete Ansprache, in der er den Widerstand und die Verfolgung verschiedenster Richtungen während des Faschismus in Karlsruhe umfassend würdigte. Abschließend kritisierte er darin „dass unsere aufstrebende Stadt Karlsruhe unter der Führung ihres verdienten Oberbürgermeisters Günther Klotz es nicht fertig gebracht hat, in den verflossenen 22 Jahren eine, wenn auch nur eine schlichte und bescheidene Gedenkstätte für alle Opfer des auch für unsere Stadt so unheilvollen Nazismus zu errichten“, um daraus die Forderung „für eine würdige Stätte zum Gedenken an die Karlsruher Opfer der nazistischen Gewaltherrschaft“, zu erheben. „Die VVN kommt jedes Mal in Verlegenheit, wenn der Ort ausgewählt werden muss, an dem am Totensonntag und zu anderen Gelegenheiten der gemeinsamen Opfer gedacht werden soll und muss.“ Die VVN-BdA führte seit dieser Zeit alljährlich zum Totensonntag das Gedenken für die Opfer des Faschismus auf den Gräbern und vor dem Denkmal für die Euthanasie-Opfer durch. Wasserthals Anspruch von 1963 blieb bis heute unerfüllt. Er selbst wurde durch seinen zu frühen Tod 1967 mitten aus seinem Wirken gerissen.
Quellen: Landesarchiv Baden-Württemberg – GLA: 480/785; VVN-BdA-Archiv im Hauptstaatsarchiv Stuttgart Nr. 52, 53 und 240; VVN-BdA-Registratur Baden-Württemberg D 644;