Offener Brief von Veteranen der Schlacht um Stalingrad an Angela Merkel

6. Februar 2015

Sechs Überlebende der Schlacht um Stalingrad haben zum 72. Jahrestages des Sieges der Roten Armee in Stalingrad einen Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel verfasst. Darin warnen sie vor der „braunen Pest“ in der Ukraine und fordern einen konsequenten Antifaschismus.

Wir dokumentieren eine deutsche Übersetzung:

 

„Sehr geehrte Frau Merkel,

zum 70. Jahrestag des Sieges über den Nazismus müssen wir, Veteranen dieses schrecklichen Krieges, die in seiner schrecklichsten Schlacht gekämpft haben, miterleben, wie in Europa wieder einmal ein Gespenst umgeht, das Gespenst der braunen Pest. Zur Brutstätte des Nazismus wurde diesmal die Ukraine. Von der ultra-nationalistischen, antisemitischen, menschenverachtenden Ideologie, ist man dort zur Praxis übergegangen: Zur physischen Gewalt, zur Vernichtung Andersdenkender, zum Mord aus ethnischen Motiven, zur Ablehnung anderer Kulturen.

Vertraute Bilder kommen auf: Fackelzüge, junge Kerle in Uniformen mit Nazi-Abzeichen, hochgereckte Arme zum Gruß, von der staatlichen Polizei beschützte faschistische Paraden im Zentrum Kiews, Verlautbarungen über die Minderwertigkeit bestimmter Völker. Das alles haben wir schon einmal gesehen. Wir wissen, wozu das führt.

In der Ukraine wurde der Schwelbrand der braunen Pest in den letzten Jahrzehnten angeheizt. Die braune Seuche ist ausgebrochen und hat zu einem blutigen Bürgerkrieg geführt. Organisierte Nazis, beispielsweise der Rechte Sektor, die sogenannte Nationalgarde, die zahlreichen inoffiziellen, aber gut bewaffneten Bataillone, wie „Asow”, vernichten mit Unterstützung der ukrainischen Armee, der Luftstreitkräfte und schwerer Artillerie systematisch die Bevölkerung im Osten der Ukraine. Friedliche Menschen tötet man schlicht und einfach dafür, dass sie in ihrer Muttersprache reden wollen, dafür, dass sie einer anderen Meinung über die Zukunft ihres Landes sind, dafür, dass sie nicht in einem Staat mit Bandera-Leuten an der Spitze leben wollen.

Die Nachfolger der sogenannten Ukrainischen Befreiungsarmee, die, wir wollen Sie, Frau Merkel, daran erinnern, während des Zweiten Weltkrieges in den Reihen der Wehrmacht und der SS-Division Galizien kämpfte und sich durch die Vernichtung sowjetischer Juden ganz besonders hervorgetan hat, haben die Verehrung ihrer ideologischen Väter und Großväter durchgesetzt. In den ukrainischen Städten werden Straßen nach Nazi-Verbrechern benannt! Vor unseren Augen wird die Geschichte der Ukraine des 20. Jahrhunderts umgedeutet und umgeschrieben! Soll man sich noch darüber wundern, dass die Bandera-Anhänger von heute durch Hass verblendet, mit einem fanatischen Funkeln in den Augen, das wir als Veteranen von den Fronten des Zweiten Weltkrieges, von der Schlacht um Stalingrad her, persönlich gut kennen, dazu aufrufen, das Donezbecken vom Erdboden verschwinden zu lassen, die Menschen im Osten des eigenen Landes mit Napalm zu verbrennen?! Es gibt dokumentierte Zeugnisse dessen, dass Menschen dafür ermordet wurden, dass sie das Georgsband, das Symbol des Sieges über den Faschismus, getragen haben.

Die Wahrheit aber, Frau Merkel, ist, dass in der Ukraine der Nazismus großflächig um sich greift. Es handelt sich dabei nicht um vereinzelte antisemitische Zwischenrufe im Parlament, auch nicht bloß um peinliche Artikel halbgebildeter Autoren über die Überlegenheit einer Rasse. Das sind um sich greifende blutige Verbrechen, deren Opfer bereits in Hunderten und Tausenden gezählt werden.

Der Westen nimmt eine recht merkwürdige Position ein, für die wir kein Verständnis haben. Man kann die Position so deuten, dass vor dem ukrainischen Nazismus die Augen verschlossen werden. Genauso wird die europäische Position in der Ukraine aufgefasst. Genauso beginnt das Volk Russlands diese Position aufzufassen. Wir würden gerne wissen: Was würde das deutsche Volk von der Höhe seiner geschichtlichen Erfahrung dazu sagen?

Ihre Meinung ist uns wichtig, die Meinung einer mächtigen Frau in einer großen Nation, die einst an der braunen Seuche erkrankte und Kraft ungeheurer Opfer davon geheilt wurde. Wir wissen, wie in ihrem Land jede Anzeichen von Nazismus verfolgt werden. Und glauben Sie uns: Wir wissen das zu schätzen. Umso schwerer ist es für uns zu verstehen: Warum lassen Sie den Nazismus in anderen Teilen Europas gewähren, wenn Sie ihn im eigenen Land in seinen Anfängen entschieden bekämpfen?

Warum demonstrieren europäische Politiker aus Solidarität mit den französischen Opfern des islamistischen Terrors, aber nicht gegen den Faschismus in der Ukraine? Warum nimmt an diesen Märschen ein Staatsoberhaupt teil, das den Befehl zur Vernichtung der eigenen Bevölkerung gegeben hat? Warum verdienen 12 französische Opfer diese Aufmerksamkeit und Tausende ermordeter Russen und Ukrainer nicht? Wissen Sie, wie viele Kinder im Osten der Ukraine die Verbrecher mit dem Nazi-Kreuz auf der Uniform ermordet haben? Möchten Sie das wissen? Wir stellen Ihnen diese Informationen zu Verfügung, wenn sie Ihnen nicht vorliegen sollten. Warum schauen die europäischen Völker seelenruhig der massenhaften Gewalt in der Ukraine zu? Oder sagen Ihre Massenmedien einfach nichts dazu? Worin besteht dann ihre berühmte Unabhängigkeit? Unabhängigkeit von den Tatsachen? Von der Wahrheit? Worin besteht der wirkliche Zweck Ihrer Wirtschaftssanktionen? Russland als eine souveräne Macht zu schwächen? Den Nazismus in der Ukraine zu unterstützen? Oder einfach nur unsere Renten zu vernichten, die wir als Veteranen des Zweiten Weltkrieges erhalten?

Sehr geehrte Frau Merkel,

die düstere Geschichte des 20. Jahrhunderts hat uns einige Lektionen erteilt:

1. Das Umschreiben der Geschichte führt direkt zum Nazismus

Alle faschistischen Regimes in Europa der 20er und 30er Jahre begannen damit. Diesen Weg schlägt man auch in der Ukraine ein: vom Umschreiben der Geschichtsbücher bis zum massiven Abriss sowjetischer Denkmäler. Die Äußerung des ukrainischen Premiers gegenüber deutschen Medien über „das Eindringen der UdSSR in die Ukraine und nach Deutschland” ist wohl der Höhepunkt der Verlogenheit. Gerne würden wir dazu Ihre Meinung als Staatspolitikerin eines Landes hören, in dem das Leugnen des Holocaust mit Gefängnisstrafe geahndet wird.

2. Die Suche nach einem Schuldigen ist ein Ausdruck von Nazismus

Faschistische Regimes schieben alle Misserfolge ihres Landes auf bestimmte Gruppen, ethnische, soziale, religiöse. In fernen Zeiten mussten Juden und Kommunisten dafür herhalten. In der heutigen Ukraine werden die Russen, ganz Russland und die Bevölkerung im Osten des Landes zu Schuldigen erklärt.

3. Wenn Nazismus in einem Land aufkommt, greift die Pest in der ganzen Welt um sich

Wenn man den Nazismus in einem Land fördert, sollte man nicht davon ausgehen, dass er an der Landesgrenze haltmacht. Die Welle des Nazismus kommt über alle, und zwar über alle, Landesgrenzen hinweg. Eben deshalb wird der Nazismus „braune Pest” genannt. Man muss dem Nazismus rechtzeitig Einhalt gebieten, sonst kommt er auch in ihr Haus.

4. Man kann den Nazismus nicht ignorieren. Man kann ihn nur bekämpfen

Wenn jemand glaubt, dass man beim ukrainischen Nazismus ein Auge zudrücken, sich wegdrehen, ihn ignorieren kann, so irrt er sich. Der Nazismus ist vom Wesen her so, dass er ignorierendes Schweigen als Bestätigung seiner Macht auffasst. Der Nazismus bleibt keine regionale Erscheinung (s. Punkt 3). Er kann nur wachsen und sich ausbreiten! Daher ist ein harter und aktiver Kampf gegen den Nazismus die einzige Möglichkeit im Umgang mit ihm.

5. Die wichtigste Waffe im Kampf gegen den Nazismus bei seiner Entstehung ist die Wahrheit

Über den Nazismus siegt nur die Wahrheit. Indem wir das menschenverachtende Wesen des Nazismus zeigen, in seiner Ideologie, in den Erklärungen seiner Anhänger, in seinen Massakern an wirklichen Menschen, bekämpfen wir ihn. Historische Wahrheit ist die beste Vorbeugungsmaßnahme gegen ihn. Wenn die eigene Regierung von den jungen Ukrainern die wahre Geschichte ihres Landes und ihres Volkes nicht verheimlichen würde, gäbe es in der Ukraine weitaus weniger Nazis und deren Anhänger. Die Massenmedien spielen dabei eine enorme Rolle: Sie können den Nazismus fördern oder ihn bekämpfen.

Sehr geehrte Frau Merkel,

als Nachfolger der UdSSR hat Russland eine besondere geschichtliche Verantwortung. Vor 70 Jahren haben wir dem Nazismus in Europa ein Ende bereitet. In dem Krieg haben wir das größte Opfer gebracht. Wir, die Stalingrader persönlich, haben mit einer unmenschlichen Anstrengung den Lauf der Geschichte verändert. Nicht nur unserer Geschichte, sondern auch der Geschichte Europas und der Welt. Wir können eine Wiederholung der Ereignisse nicht zulassen! Erst recht nicht vor unserer Haustür! Wir werden weiterhin das Böse bekämpfen! Wir bieten Ihnen an, diesen Kampf gemeinsam zu führen!

In einem legendären und bei uns sehr beliebten Spielfilm sagt die Hauptperson, ein hochrangiger Nazi-Offizier: „Sobald irgendwo anstelle von ‚Guten Tag‘ ‚Heil‘ zu hören ist, müsst ihr wissen, dass man dort auf uns wartet. Von dort aus beginnen wir unsere ruhmreiche Wiedergeburt”.

Frau Merkel,

in der Ukraine ist „Heil” überall zu hören, unverhohlen und nahezu mit Unterstützung der Regierung. Es ist an der Zeit, dieser Schande mit der gesamteuropäischen Welt Einhalt zu gebieten. Wir hoffen sehr stark, dass das deutsche Volk und auch die anderen Völker Europas gemeinsam mit dem russischen Volk das Ungeheuer in seinen Anfängen erdrücken!

Kein Durchkommen dem Faschismus! Der Frieden lebe hoch!“