Hafner, Otto

geboren am 1.10.1904 in Karlsruhe, gestorben am 26.10.1986 in Karlsruhe.

Hafners Eltern führten ein Tapetengeschäft in der Hebelstraße. Er absolvierte sein Studium am Badischen Staatstechnikum (später Fachhochschule, heute Hochschule Karlsruhe Technik und Wirtschaft) zum Elektro-Ingenieur. Anstellung fand er bei der Firma Junker & Ruh bis 1933.
Er trat als Mitglied der liberalen Deutschen Demokratischen Partei bei und als überzeugter Republikaner wurde er auch Mitglied im „Reichsbanner“ und gehörte zum Saalschutz bei politischen Veranstaltungen. Hafner hatte 1930 Bekanntschaft des Franzosen Viénot gemacht, der später Unterstaatssekretär im französischen Außenministerium wurde. Hafner wurde zwar nicht wie zahlreiche Kommunisten und Sozialdemokraten in „Schutzhaft“ genommen, erhielt aber die Kündigung und konnte keine neue Arbeitsstelle finden. 1934 verließ er deswegen mit Frau und Kindern Deutschland, unbehelligt, um in Frankreich in Monthermé zunächst als einfacher Arbeiter, schließlich als technischer Direktor eines Eisenwerks zu arbeiten. Zugleich nutzte er dies um auf seinen Pkw-Fahrten zwischen Frankreich und Karlsruhe mindestens zwei Dutzend Juden zwischen 1934 und 1938 illegal nach Frankreich zu bringen und er konnte sich dabei der Asylvermittlung des genannten französischen Beamten versichern. Es war ein regelrechtes Familien-Fluchtunternehmen. Die bedrohten Juden warteten in der elterlichen Wohnung, Hafner wurde durch fingierte Telegramme wie „Patient pflegebedürftig“ informiert, und brachte sie mit falschen Ausweisen bei Lauterbourg ohne jeden eigenen Vorteil über die Grenze. Ab Herbst 1938 seit der „Sudentenkrise“ war ihm dies wegen schärferer Grenzkontrollen nicht mehr möglich. Er hielt auch sonst Kontakt zu deutschen Emigrantenkreisen in Frankreich. Unmittelbar vor Beginn des vom Nationalsozialismus begonnenen Krieges 1939 kam Hafner nach Karlsruhe zurück, wurde als Ingenieur zu den Junkers-Flugzeugwerken nach Dessau dienstverpflichtet. Dort nahm ihn die Gestapo am 2.3.1941 fest, nachdem mit dem Waffenstillstand mit Frankreich Akten über ihn in deutsche Hände gelangt waren. Vom Kammergericht Berlin am 8.1.1942 zu eineinhalb Jahren Gefängnis wegen „Anknüpfens von landesverräterischen Beziehungen“ verurteilt, verbüßte er die Strafe im Strafgefängnis Tegel. Nach Ablauf wurde er durch das Reichssicherhauptamt in „Überhaft“ genommen. Die Stapoleitstelle Karlsruhe brachte das Auftauchen „staatsfeindlicher Schriften“ mit ihm in Verbindung. Jedes Mal wenn er in Karlsruhe gewesen war, sollen Schriften in Karlsruhe aufgetaucht sein. Es war ihm aber nichts nachzuweisen und er sagte später auch, dass dies nichts mit ihm zu tun gehabt habe. Die „Schutzhaft“ musste er im Gefängnis Magdeburg verbringen. Nach deren Ablauf wurde er abermals zu Gestapo-Verhören nach Berlin gebracht, erlebte 8 Tage Zellenhaft im berüchtigten Gestapogefängnis am Alexanderplatz, wurde dann nach KZ Oranienburg-Sachsenhausen überstellt, wo er in der Rüstungsproduktion der Heinkel-Flugzeugwerke zur Zwangsarbeit eingesetzt wurde, seiner Qualifikation als Ingenieur gemäß im Zeichenbüro für Schaltsysteme. Schließlich wurde er Hallenverantwortlicher über 1.200 KZ-Häftlinge, vorwiegend Polen und Franzosen. „In meiner Halle war Schlagen verboten! Ich habe es nie geduldet!“, berichtet er später über die von ihm durchgesetzte Behandlung der (Mit)Zwangsarbeiter. Auch sorgte er dafür, dass anstelle der kriminellen Kapos, Politische in diese Stellung gelangten, was die Möglichkeiten im Lagerwiderstand stark verbesserte. Nach der Zerstörung der Produktion durch Luftangriffe, kam er 1944 in das KZ-Buchenwaldaußenlager nach Halberstadt. Im Oktober 1944 wurde Hafner in das KZ Auschwitz deportiert, damit sehen könne, wie ihm bei der Eröffnung höhnisch von der SS verkündet wurde – wie es seinen jüdidchen Freunde geht. In Auschwitz war er im Stammlager in der Schreibstube, wurde bei der Evakuierung des Lagers angesichts der nahenden Roten Armee im Januar 1945 nicht auf einen Todesmarsch geschickt, sondern in die berüchtigte SS-Sturmbrigade Dirlewanger. Hafner erlebte am eigenen Leib Prügelstrafe und Stehbunker, sah Quälereien und Erschießungen aus nichtigem Anlass. Er bezeichnete diese Einheit nüchtern als Fortsetzung des KZs, mit dem Ziel der Vernichtung unter Ausnutzung seines aus Verzweiflung und Todesangst gesteigerten Kampfwerts. Er geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft, wurde aber nach Bekanntwerden seines Wirkens im Herbst 1945 entlassen und kehrte nach Karlsruhe zurück. Hier begann Hafner eine Tätigkeit als Ingenieur bei den Stadtwerken, übernimmt dann ab 1947 den Aufbau der Landesbezirksstelle für die Wiedergutmachung für Nordbaden (später Landesamt), der er bis zu seiner Pensionierung 1969 vorstand. Politisch vom Liberalismus überzeugt, setzte er seine 1933 unterbrochene Parteimitgliedschaft bei der DVP/FDP fort und engagiert sich darin auch öffentlich bis Anfang der 1960er Jahre. Bereits im Sommer 1945 hatte er zu denen gehört, die zusammen mit den ehemaligen politischen Häftlingen Wilhelm Nies (siehe sein Porträt), Eugen Heydt, Adolf Betz, Gustav Hiss u.a. den „Bund der KZ-Leute und politisch Verfolgten) in Karlsruhe organisierten und damit den Vorläufer der VVN schufen. 1946 wurde er offiziell zum 1. Schriftführer des „Bund ehemaliger KZ-Leute und politisch Verfolgte Karlsruhe und Umgebung“ gewählt, von da an vertrat er die kommenden Jahre Karlsruhe teils allein im Präsidium des „Landesausschuss der politisch Verfolgten des Naziregimes“, seit 1947 VVN, in Stuttgart, letztmals nachweisbar 1951. Danach zog er sich aus der leitenden Funktion zurück, ob wegen Differenzen oder eher aufgrund der 1950 erlassenen Unvereinbarkeit der Stellung im öffentlichen Dienst mit der Betätigung für die VVN, einer quasi frühen „Berufsverbotepolitik“ in der Bundesrepublik Deutschland, muss offen bleiben. Die VVN betrachtete er bis zum Schluss als „seine Organisation“ und hielt die Verbindung zu ihr und insbesondere zum langjährigen Landesvorsitzenden Alfred Hausser bis zum Tod 1986. So unterzeichnete er zusammen mit 20 weiteren ehemals politisch Verfolgten und Widerstandskämpfern bzw. deren Lebensgefährtinnen im Dezember 1984 einen Offenen Brief an den Eigentümer der Badischen Neusten Nachrichten (BNN), Hans Baur, in dem unter Berufung auf das Grundgesetz gegen eine seit 10 Jahre bestehende Diskriminierungsverfügung gegen die VVN-BdA protestiert wird. Im September 1986 unterzeichnete er erneut mit 18 weiteren Verfolgten und Widerstandskämpfern bzw. deren Lebensgefährtinnen einen weiteren offenen Brief, in dem gegen ein Treffen der Ehemaligen der 35. Infanteriedivision der Hitlerwehrmacht mit Heinz Karst (ultrarechter Studienzentrum Weikersheim-Mitbegründer und Propagandist der Aufrüstung) in der Gartenhalle protestiert wird.
Hafner erhielt 1951 das Bundesverdienstkreuz, 1970 das Verdienstkreuz Erster Klasse und 1986 den französischen Verdienstorden „Pour le Merite“. Der Staat Israel verlieh ihm und seiner Frau Hedwig Hafner 1980 den „Orden der Gerechten“.

Quellen: Stadtarchiv Karlsruhe 8/Zgs und 8/StS 17/103; VVN-BdA-Archiv im
Hauptstaatsarchiv Stuttgart Nr. 23, 90 und 97.