Karlsruher Widerstand (Porträts)
Der Hitlerfaschismus verfolgte zahlreiche Menschen aufgrund ihrer „Rasse“, Religion, ihrer Sexualität oder sozialen Zugehörigkeit, unabhängig davon, wie Menschen dieser stigmatisierten Gruppen sich persönlich zum Regime stellten. Juden, Sinti und Roma wurden dabei die größten Opfergruppen mit allein 180.000 ermordeter Juden und 23.000 „Zigeuner“ aus Deutschland. Von Anfang an verfolgten die Nazis ihre politischen Gegner, gemäß ihrem Duktus als „Marxisten, Bolschewisten“, wobei sie darunter unterschiedslos Sozialdemokraten, Kommunisten und GewerkschafterInnen subsumierten. Aus diesen Reihen war unmittelbar nach der Machtübergabe 1933 Widerstand geleistet worden, hatten diese Kräfte doch die Auseinandersetzung gegen den Nationalsozialismus bereits zuvor geführt. So traf die Welle der „Schutzhaft“ in Karlsruhe im März bis Mai 1933 vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter. Allein in den „März-Razzien“ nach den Reichstagswahlen 1933 meldete der Polizeibericht für Karlsruhe über 100 Festnahmen. Darunter waren Persönlichkeiten wie Ludwig Marum, SPD-Reichstagsabgeordneter (1934 im KZ Kislau ermordet); Kunigunde Fischer (SPD), erste Frau im badischen Landtag; Leopold Rückert, Vorsitzender des Zentralverbandes der Angestellten und SPDLandtagsabgeordneter; Friedrich Töpper, Mitbegründer des Zentralverbandes der Angestellten (später Karlsruher OB 1947-1952), alle örtlichen Gewerkschaftsvorsitzenden bis auf den flüchtigen Gustav Schulenberg (1940 in Frankreich verhaftet und 1944 im KZ Dachau umgekommen); der KPD-Landtagsfraktionsvorsitzende Robert Klausmann (nachseiner Flucht aus dem KZ Kislau im Herbst 1933 organisierte er von Strasbourg aus die illegale KPD-Arbeit in Baden); auch der Karlsruher KPD-Ortsgruppenleiter Clemens van Uehm (später im Vorstand des VVN-Kreisverbandes Rastatt); ebenso aber auch die jüdischen Ärzte Dr. Eduard Kahn (konnte 1935 in die USA flüchten) und Dr. Otto Wimpfheimer (er nahm sich 1937 aus Verzweiflung über sein Berufsverbot das Leben), weil sie den Nationalsozialisten neben ihrer jüdischen Herkunft wegen ihrer sozialen Hinwendung zu Sozial schwachen verhasst waren.
Neben den aufgelösten und verbotenen Gewerkschaften und Parteien wurden auch alle Vereine der Arbeiterbewegung (Naturfreunde, Arbeiterwohlfahrt, Sport-, Gesang- und Fachvereine) verboten. Der Faschismus zielte darauf ab, die selbständige Organisierung entlang von sozialen und Klasseninteressen zu vernichten, um die inszenierte „Volksgemeinschaft“ nationalistisch und chauvinistisch auszurichten und kriegsbereit zu machen. Trotzdem waren es besonders in den Anfangsjahren des Faschismus immer wieder politisch Bewusst, vor allem aus den Arbeiterparteien, die sich organisierten, den alten Zusammenhang wieder herstellten und der nationalsozialistischen Propaganda Widerstand entgegen setzten. Im Nachhinein mag festgehalten werden, dass die Organisationen Arbeiterbewegung dessen Fähigkeit zur brutalen Ausschaltung Andersdenkender unterschätzte, vor allem die Fähigkeit, breite Massen in ihre antidemokratischen, rassistischen und militaristischen Denkschablonen einzubinden. So blieb der erste Widerstand, der organisatorisch etwa bis Ende 1935/36 in Karlsruhe und Umgebung organisiert werden konnte, ohne großen Erfolg. Nichtsdestotrotz war er Beispiel für Mut und Zeugnis von Alternativen zu 1933 und er musste zwangsläufig Kristallisationspunkt für die Zeit nach dem Ende des Faschismus sein.
Die Formen des Widerstandes werden in der Geschichtsforschung stark ausdifferenziert eingestuft, von der auf Umsturz zielenden Handlung bis zum nonkonformen Verhalten. Gewiss stand die Mehrheit der Deutschen dem NS-Regime zustimmend oder höchstens gleichgültig gegenüber oder wie der Karlsruher Widerstandskämpfer und Kommunist Friedrich K.H. Dietz 1947 rückblickend in Bezug auf die eigene propagandistische Widerstandstätigkeit urteilte „aber die Resonanz im Volke war gering. Es war dem Nazismus restlos verfallen.“ Der tatsächliche Widerstand lässt sich nach Trägergruppen differenzieren. Der aus Staatsräsongründen in Deutschland nach wie vor hoch gehaltene nationalkonservative Widerstand (u.a. die militärbürgerliche Opposition im Zusammen der Sudetenkrise 1938, in erster Linie aber der Staatsstreichversuch um den 20. Juli 1944, in Karlsruhe s.u.), protestantischer und katholischer Widerstand, der allerdings im Gegensatz zu den verbotenen „Zeugen Jehovas“, die in Karlsruhe um Hans Hildenbeutel (20.2.1897 – 11.4.1941 KZ Mauthausen) ihre Schrift- und Organisationsstrukturen wahrten, nicht organisiert war, standen beide konfessionellen Amtskirchen nicht in Opposition zum Faschismus, jedoch einzelne ihrer Vertreter (in Karlsruhe z.B. die protestantischen Pfarrer Erwin Eckert und Heinz Kappes, ihr Widerstand hatte zusätzlich einen kommunistischen bzw. sozialdemokratischen Hintergrund; ein weiteres Beispiel ist der katholische Pfarrer Dr. Richard Dold von der St. Bonifatius-Gemeinde), Jugendopposition (z.B. Swing-Jugend, „Bündische Umtriebe“, Edelweißpiraten, hierzu ist in Karlsruhe nichts bekannt geworden) und der bereits zuvor genannte Widerstand aus den Reihen der damaligen Arbeiterbewegung.
Reinhold Frank wurde am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee wegen seiner Verbindung zum 20. Juli 1944 hingerichtet. Er hatte bis 1933 der Zentrumspartei angehört, die im Gegensatz zur SPD und KPD keinen organisierten Widerstand leistete, und war Stadtverordneter. Frank hatte seit 1933 Kontakte zu Hitlergegnern gehalten und in Karlsruhe und darüber hinaus einen engeren rund zehnköpfigen Kreis aus Christen und ehemaligen Zentrumsmitgliedern gebildet und lockere Verbindung zu ehemaligen Sozialdemokraten gehalten. „Sich bereithalten“, für die Zeit nach dem Nationalsozialismus, dürfte dieses Verhalten kennzeichnen. Nicht organisiert liefen viele widerständige Verhaltensweisen von Einzelpersonen ab, die von Unmutsäußerungen, Verweigern des Hitlergrußes, über Hilfe an Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, „Feindsender“-Hören, bis Wehrkraftzersetzung reichten. Letztere beinhaltete in der Zeit des „totalen Krieges“ bereits die Empfehlung von Eltern an den Sohn, zu versuchen, nicht an die Front zu kommen (dafür wurden das Karlsruher Ehepaar Emma und Erwin Granget 1944 hingerichtet). Eine exakte Zahl der Todesopfer durch die Verfolgung ist unbekannt und dürfte kaum mehr rekonstruierbar sein. Eine lückenhafte Aufstellung aus der Nachkriegszeit geht von 61 politischen verfolgten Todesopfern aus (siehe unten). In Gefängnissen, Zuchthäusern, Konzentrationslagern saßen vermutlich 600 bis 700 Verfolgte und Widerstandskämpfer aus Karlsruhe.
Von den Arbeiterparteien war die KPD am ehesten in der Lage, sich auf die Illegalität einzustellen. Sie hielt die Strategie des Sturzes des Faschismus im Auge, ihre Anhänger bewiesen den höchsten Mut, zahlten für diese Parteitaktik aber auch den höchsten Zoll an Verhafteten und schließlich Todesopfern. Unmittelbar nach der Verordnung zum „Schutz von Volk und Staat“ vom 28. Februar 1933 war die Parteiorganisation in konspirative Dreierzellen verändert worden, die keine direkten Beziehungen zueinander hatten und von einer illegalen Führung angeleitet, wobei insbesondere bis etwa 1936 in großem Ausmaß zehntausende von Flugblättern und Druckschriften zur Verteilung kamen. Ein Polizeibericht hielt fest, „das ganze Jahr 1933 hindurch hat die KPD in Karlsruhe im Geheimen eine rührige Tätigkeit entfaltet, insbesondere durch die Verbreitung von Handzetteln und Flugschriften…Für jeden Stadtteil war eine Person bestellt, die die Verteilung der Flugblätter zu besorgen hatte.“ Die Druckschriften kamen anfangs vom Elsaß, maßgebend war der frühere KPD Landtagsabgeordnete Robert Klausmann, später kamen Schriften auch aus der Schweiz. Bei einem dieser Grenzübertritte wurde August Dosenbach am 20./21. Oktober 1933 von Gestapobeamten erschossen. Zusätzlich war es bereits ab März 1933 gelungen, eine in Karlsruhe, später in Linkenheim produzierte eigene Zeitung, die „Trotz-alledem-Rote-Fahne“ zu verbreiten. Im zweiten Halbjahr 1933 und Anfang 1934 waren 62 Kommunisten verhaftet worden. Die illegale KPD-Leitung in Karlsruhe hatte 1933 Gustav Kappler inne (siehe sein Porträt), nach seinem Weggang wegen der Verhaftungsgefahr konnte Friedrich K.H. Dietz (siehe sein Porträt) noch bis 1935 diese Stelle wahrnehmen, ehe er in die Schweiz fliehen musste. Das KPD-Netz konnte noch bis 1936 immer wieder neu geknüpft werden. Der letzte Versuch, aus den Erfahrungen des Aderlasses ständiger Verhaftungen und Aburteilungen, von der Druckschriftenverbreitung zu mündlicher Ansprache überzugehen, konnte nicht mehr umgesetzt werden. Die letzte dazu gebildete Gruppe, zu der auch Otto Elsenhans (siehe sein Porträt) gehörte, wurde im Sommer 1936 ausgehoben. Mit ihm wurden zusammen 15 Widerstandskämpfer im Januar 1937 vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe im letzten Prozess gegen Kommunisten angeklagt und zu drei bis vierjährigen Haftstrafen verurteilt.
Obwohl bereits im März 1933 führende Funktionäre der SPD verhaftet worden waren, hielt die Partei bis in den Mai den Kurs des „legalen Vorgehens“ bei. Mit der dann erfolgten Verlegung eines Teils des Parteivorstandes ins Ausland (Exil-SOPADE in Prag), der in Deutschland verbleibende Teil war mit dem Parteiverbot am 22.6.1933 erledigt, begann der organisierte Widerstand der SPD im Untergrund. Von Frankreich aus erfolgte das Einschmuggeln sozialdemokratischer Schriften und Zeitungen nach Südwestdeutschland. Der ehemalige badische Landesvorsitzende Georg Reinbold unterhielt auch Kontakte nach Karlsruhe. Zusammen mit dem Karlsruher sozialdemokratischen Stadtverordneten bis 1933, Friedrich Weick, baute er in der Region ein Netz zur Verteilung der Druckschriften auf. Weick begab sich dabei teils selbst nach Strasbourg, um Materialien und Geld zu besorgen. Das Netz flog im November 1933 auf und Friedrich Weick wurde im Juni 1934 zu zwei Jahren und acht Monaten Haft Zuchthaus verurteilt, kam später in das „Batallion 999“, wo er kurz vor Kriegsende umkam. 1934 konnte die Gestapo weitere zwei SPD-Kreise um Walter Knobloch, ehemals SPD-Vorsitzender von Hagsfeld und dem Gewerkschaftssekretär August Jülp aufdecken. Zuletzt wurde im Mai 1935 der letzte namhafte illegale SPD-Widerstand zerschlagen, die Gruppe um Hermann Walter, Karl Konz, zu der auch der jugendliche Hellmut Stutz (siehe sein Porträt) gehörte.
Durch die „Erfolge“ der Gestapo und aufgrund der helfenden Rolle der Justiz, war der bis 1936 aufrecht erhaltene organisierte Widerstand an sein Ende gekommen, danach konnten in Karlsruhe keine Strukturen für den sichtbaren Zusammenhalt nach außen mehr gebildet werden. Auch mit dem Beginn des Krieges kam es in Karlsruhe im Gegensatz zu Mannheim bspw. mit der Lechleiter-Gruppe oder in Stuttgart mit der Gruppe Schlotterbeck nicht mehr zu einem organisierten und angeleiteten Widerstand. Es blieben lediglich persönliche informelle Zusammenhänge bestehen.
Es waren in Karlsruhe vor allem Männer und die (wenigen) Frauen des organisierten Widerstandes der Arbeiterbewegung, mit Ausnahmen wie bspw. Otto Hafner (siehe sein Porträt), Eugen Heydt als Jude oder dem wegen seiner „halbjüdischen“ Herkunft verfolgten Heinold Hirsch, welche später das Rückgrat der VVN bildeten, trotzdem oder obgleich satzungsmäßig neben den politischen Verfolgten, auch die „rassisch“ und religiös Verfolgten eingeschlossen waren. Ziel des seit 1946 in Württemberg-Baden bestehenden „Landesausschuss der politisch Verfolgten des Naziregimes“, seit 1947 VVN – Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – war gemäß der Satzung und in dieser Reihenfolge 1. die Betreuung der aus Lagern und Gefängnissen zurückgekehrten verfolgten Häftlinge, 2. Beseitigung des Nazismus in Zusammenarbeit mit den Alliierten, 3. Aufklärung der Jugend 4. Einsatz beim Wiederaufbau Deutschlands“. Dieses Programm war durchaus weiter gefasst als das der örtlichen Karlsruher Organisation von 1945, dem „Bund ehemaliger Konzentrationäre, Karlsruhe und Umgebung“, der als „wichtigste Aufgabe“ und zugleich einzig schriftlich festgehaltene „das Streben nach Wiedergutmachung und Entschädigung der in den KZ-Lagern erlittenen Sach- und Körperschäden“ mit Einbeziehung der Angehörigen, voranstellte. Daraus ist abzuleiten, dass die VVN bis 1947/48 eine Massenorganisation mit rund 10.000 Mitgliedern in Württemberg und Baden, in Karlsruhe mit rund 800, wurde. Die Spannbreite des Anspruches zwischen Unterstützung, Betreuung und Kameradschaftszusammenhalt auf der einen Seite mit dem nach politischem Wirken auf der anderen, musste zwangsläufig mit Kontroversen einhergehen. Hinzu kam durchaus jenseits der Satzung eine Hierarchisierung der „Opfergruppen“, zwischen „Widerstandskämpfern“ und bloßen „Opfern der Verfolgung“, eben solche ohne eigene Aktivität – das traf durchaus Juden oder so genannte Halbjuden, aber auch viele ehemals Inhaftierte wegen Feindsenderhören, Defätismus etc. Dies, obwohl der Landesverband 1947 auch eindeutig postuliert hatte, nicht nur die hehre Tat des Einzelnen zu glorifizieren, sondern Berichte aus dem Widerstand einfacher Leute, auf der Grundlage „von zehntausenden und aberzehntausenden Berichten, Milieuschilderungen, die später verknüpft werden müssen mit den großen Entwicklungslinien und damit erst ihr richtiges Leben und ihr richtiges politisches Gewicht erhalten können.“ Und es gab auch von der VVN „vergessene“ Opfer. Verfolgte allein wegen ihrer sexuellen Orientierung waren in der Satzung nicht vorgesehen, auch Euthanasieopfer waren kein „Fall“ für die VVN, es sei denn sie waren zugleich politisch Verfolgte, auch „bloße“ Deserteure nicht, wenn sie nicht bewusst und aktiv gehandelt hatten. Dutzenden Verfolgten, oftmals so genannte Zigeuner mit Straftaten, aber auch sonstigen Straffälligen, Alkoholikern, oder anderen „Unwürdigen“ wurde die VVN-Registrierung 1946/47 vom Kreisvorstand der VVN verweigert. Doch hatte die VVN bis zu den Angriffen der politischen Systemauseinandersetzung und dem beginnenden Kalten Krieg gegen sie 1947/48 quasi eine halbamtliche Funktion, was die strengen, teilweise rigoros anmutenden, Kriterien erklärt, die schließlich intern wie extern Bestand haben sollten. Schließlich gab es in der unmittelbaren Nachkriegszeit durch die enormen Wanderungsbewegungen eine erhebliche Zahl „falscher“ Verfolgungsopfer. Die von der VVN anerkannten Verfolgten konnten damit bei den staatlichen Stellen die Berechtigung zur Unterstützungsleistung offiziell nachweisen und ebenso zu Wiedergutmachungsleistungen, die erstmals 1948 durch ein Landesgesetz nach Maßgabe der Militärregierung in bescheidenem Umfang wirksam wurden. Der Karlsruher „Bund“ bzw. die VVN hatte dabei von Beginn an auf das engste mit der bereits seit dem 1. Juli 1945 offiziell bestehenden städtischen „KZ-Betreuungsstelle“ beim Bezirksverwaltungsamt im Neuen Rathaus, einer Noteinrichtung der zu diesem Zeitpunkt nicht zentral organisierbaren Stadtverwaltung zusammen gearbeitet.
Wer waren die Männer und Frauen aus dem Widerstand, die 1945 in der überparteilichen VVN das Vermächtnis aus ihrem Widerstand sahen? Eine übergreifende Untersuchung zum Widerstand und zur Verfolgung in Karlsruhe hat es trotz eines Anlaufes zu Beginn der 1980er Jahre nie gegeben. Eine Aufarbeitung der verfolgten Homosexuellen, der Euthanasieopfer fehlt sogar gänzlich. Die Verfolgung der Juden in Karlsruhe wurde 1988 mustergültig aufbereitet, stellte damit das nur ansatzweise bearbeitete Thema in den jeweiligen Broschüren von VVN-BdA Karlsruhe und von GEW Nordbaden 1979 auf eine fundierte Grundlage. Die SPD gab 1959 erstmals Hintergründe zum sozialdemokratischen Widerstand, 1983 folgte die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen mit publizierten Interviews von Zeitzeuginnen. Die vom Stadtjugendausschuss e.V. Karlsruhe 1984 konzipierte „Alternative Stadtrundfahrt auf den Spuren des Dritten Reiches“, bei der auch die VVN-BdA beteiligt war, arbeitete zum ersten Mal überhaupt größere Zusammenhänge von Widerstand und Verfolgung in Karlsruhe heraus und war damit ein Meilenstein in der stadtgeschichtlichen Forschung zum Thema. Systematisch zusammengestellt wurden die inzwischen bekannten Personen und Ereignisse 1991 durch den Studienkreis Deutscher Widerstand. 1990 war in einem Überblick die Verfolgung der Sinti und Roma aufgearbeitet worden. Die „Forschungsstelle Widerstand“ der Universität Karlsruhe hat seit 1995 insbesondere zum nationalkonservativen und religiös motivierten Widerstand geforscht, dabei regionale Bezüge hergestellt; ein nach 2000 geplantes Forschungsprojekt zum Arbeiterwiderstand blieb unausgeführt. Seit 1988 wurden im Stadtarchiv Karlsruhe in der Stadtgeschichte sowie den publizierten Stadtteilgeschichten dem Widerstand und der Verfolgung eigene Kapitel gewidmet, oder Redemanuskripte veröffentlicht. Inzwischen muss konstatiert werden, dass nach dem mittlerweile erfolgten Tod aller Beteiligten, nicht mehr mit neuen, das bisherige Wissen umstoßenden Fakten zu rechnen ist; wesentliche Erweiterungen des Wissensstandes sind wohl nicht mehr zu erwarten.
Gleichwohl sind noch hunderte Personen des organisierten und vor allem des „nichtpolitischen“ individuellen Widerstandes und der Verweigerung unbekannt oder von bekannten Personen ist nicht der gesamte Umfang ihres Handelns bekannt. Auch dem Wirken der Überlebenden nach 1945 nachzugehen, wäre eine lohnende Aufgabe.
Die folgenden im Auftrag der Kreisorganisation Karlsruhe mit Unterstützung der Landesorganisation der VVN-Bund der Antifaschisten Baden-Württemberg e.V. erstellten 10 Porträts erheben keinen Anspruch auf den Beginn einer solchen Beschäftigung, wenn sie jedoch dazu anregten, würden sie ihren Zweck erfüllen.
Karlsruhe, 3. Januar 2008
Jürgen Schuhladen-Krämer